Parivritta Ardha Chandrasana und “Sei eine leere Tasse”

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Parivritta bedeutet gedreht, Ardha halb, Chandra ist der Mond und Asana der Sitz oder die Körperhaltung.

Der Halbmond (Ardha Chandrasana) sowie sein Zwilling, der gedrehte Halbmond (Parivritta Ardha Chandrasana), stehen für die Mitte zwischen Fülle und Leere des Mondes. Beide Haltungen erfordern eine stabile Erdung im Standbein sowie eine Leichtigkeit im Oberkörper. Was benötigen wir außerdem für das Ausüben des gedrehten Halbmondes? Können wir unsere Neugierde einsetzen beim Erforschen dieser komplexen Standhaltung? Am Anfang eines neuen Jahres sowie in jedem einzelnen Moment im Verlauf des Jahres haben wir die Möglichkeit, neu und frisch an die Dinge heranzugehen. „Des Anfängers Geist hat viele Möglichkeiten, der des Experten nur wenige“, sagt der Zen-Mönch Suzuki Roshi. Folgende klassische Geschichte beschreibt mit anderen Worten den Anfängergeist:

Ein Professor ging zu einem Zen-Mönch, um Belehrungen zu erhalten. Er stellte sich mit all seinen akademischen Titeln vor und bat den Mönch um Belehrung. Der Mönch fragte: “Möchtest du etwas Tee trinken?” Der Professor: “Ja, gerne”. Daraufhin schenkte der Mönch dem Professor Tee ein. Die Tasse war voll, aber der alte Mönch schenkte weiter ein, bis der Tee überfloss und über den Tisch auf den Boden tropfte. Der Professor sagte: “Stop, sehen Sie nicht, dass die Tasse bereits voll ist? Es geht nichts mehr hinein.” Der Mönch antwortete: “Genau wie diese Tasse sind auch Sie voll von Ihrem Wissen und Ihren Meinungen. Um Neues zu lernen, müssen Sie erst ihre Tasse leeren.”

Viel Glück!

Shirshasana und be a yogi be on time

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Die Qualität unserer Beziehungen zu anderen sind die Früchte unserer Yogapraxis. In diesem Zusammenhang ist es nicht wichtig, wie hoch wir unser Bein bekommen, wie tief wir in eine Rückbeuge gehen oder wie lange wir auf unserem Kopf stehen können. Vor diesem Hintergrund thematisieren wir in diesem Monat das Gewahrsein, die Wertschätzung und den Respekt füreinander.
Die Asana des Monats ist Shirshasana. Shirsha bedeutet Kopf und Asana bedeutet Haltung oder Sitz. Obwohl der Kopfstand zu den bekanntesten und wichtigsten Asanas im Yoga zählt, fehlt uns manchmal das Wissen oder auch das Vertrauen in diese Umkehrhaltung. Wir widmen uns Shirshasana mit der Absicht, mehr Verständnis, Vertrauen und Achtsamkeit zu gewinnen. Dabei gestaltet die Organisation, wie wir in diese anspruchsvolle Haltung gehen und wie wir unseren Praxisplatz organisieren, den Rahmen unserer Praxis.
Jede Yogastunde braucht einen geschützten Raum, einen Ort, wo wir uns aufgehoben und sicher fühlen. Wenn so ein „Container“, ein Mandala, kreiert wird, kann sich Sicherheit und Vertrauen zeigen. Schon der Moment des Betretens eines Yogastudios gibt uns die Möglichkeit, Achtsamkeit uns selbst und anderen gegenüber zu kultivieren. Wir gönnen uns den Luxus, rechtzeitig anzukommen: be a yogi be on time. So haben wir genug Zeit, um Geschäftliches abzuschließen, uns umzuziehen, unsere Matte auszurollen und Hilfsmittel zu organisieren. Wir kommen an unserem Platz und bei uns selber an.
Letztendlich öffnen wir unser Herz durch Yoga mehr und mehr. In dieser Ruhe und Klarheit gelingt auch ein Asana wie Shirshasana leichter.

Viel Glück!

MEDITATIONSANLEITUNG

MEDITATIONSANLEITUNG FÜR JEDERMANN

Shamatha oder die Achtsamkeitsmeditation ist eine sehr organische, grundlegende Praxis. Sie basiert darauf, den Moment wahrzunehmen, in dem sich unsere Aufmerksamkeit mit unserer gegenwärtigen Situation verbindet. Es geht darum, diese einfache Art der Aufmerksamkeit bewusst zu kultivieren. Körper und Geist werden dadurch in Einklang gebracht. Wir beginnen uns weniger zerstreut und wacher mit unserer Umwelt auseinanderzusetzen.

Um die Shamatha-Meditation als formale Meditationspraxis auszuführen nutzen wir vier Schritte:

1. Den Sitz einnehmen

Wir beginnen indem wir unseren Meditationssitz einnehmen. Wir sitzen in der Regel in einer stabilen Haltung mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen am Boden. Wir nehmen eine bequeme Haltung ein und spüren eine gute Verbindung zwischen Gesäß und Kissen – wir sollten uns geerdet und stabil fühlen. Als nächstes legen wir die Hände einfach auf die Oberschenkel oder Knie, je nachdem, wie lang die Arme sind.

Oberkörper, Kopf und Schultern sollten aufrecht, aber entspannt sein. Das Kinn ist ein wenig in Richtung Brust eingezogen. Die Haltung sollte sich würdevoll und erhebend anfühlen, aber nicht steif oder angespannt.

Falls wir aus irgendeinem Grund Schwierigkeiten haben, im Schneidersitz zu sitzen, können wir eine kniende Haltung einnehmen oder uns einfach aufrecht auf einen Stuhl setzen. Alle Hilfsmittel wie z.B. Kissen können wir nutzen um so bequem wie möglich zu sitzen. Der Rücken soll möglichst gerade sein und nicht an eine Wand oder an die Rückseite eines Stuhls angelehnt werden. Wir sprechen von „nicht zu fest und nicht zu locker“ – dieses Prinzip ist eine gute Leitlinie für die Meditationspraxis.

Wenn wir so sitzen entsteht ein Gefühl des Ankommens in der Haltung und der Reduzierung der Aktivität. Wir prüfen dann, ob der Kiefer entspannt ist; der Mund kann dabei entweder leicht geschlossen oder leicht geöffnet sein. Die Augen sind offen, der Blick ist weich, nach unten gerichtet und ruht etwa 1,5 m bis 2 m vor uns am Boden. Wir blenden unser Gewahrsein gegenüber dem uns umgebenden Raum nicht aus. Wir können den Fokus etwas entspannen. Falls wir uns bei längerem Sitzen unbequem fühlen oder wenn ein Fuß eingeschlafen ist, kann es hilfreich sein, die Füße aufzustellen oder ein Bein auszustrecken und die Praxis so fortzusetzen. Wir können jederzeit wieder von vorne beginnen.

2. Einchecken

Als nächstes nehmen wir eine innere Bestandsaufnahme vor. Wir fragen uns: „Wie fühle ich mich körperlich? Wie ist meine Stimmung? In welcher Geistesverfassung befinde ich mich gerade? Was geht gerade ab“? Jedes mal, wenn wir uns hinsetzen, bringen wir etwas mit. Wir bemerken unsere jeweilige Tagesverfassung. Wir sind einfach präsent für das, was wir gerade fühlen. Sind wir müde, aufgeregt oder gelangweilt? Wir fühlen einfach die menschliche Qualität unserer Existenz und erlauben ihr, sich zu zeigen. Empfänglichkeit und Zuversicht sind im Gleichgewicht. Wir wenden uns vom gegenwärtigen Moment nicht ab. Wir sind bereits wach und grundlegend gut. Meditation ist ein Ausdruck von dieser natürlichen Gutheit. „Natürlich“ bedeutet, dass wir dafür nicht kämpfen, nicht aggressiv vorgehen müssen.

„Gutheit“ bedeutet, dass wir unseren Erfahrungen in der Meditation vertrauen können. Wir müssen keine Angst vor uns selbst und unserer Erfahrung haben.

3. Die Aufmerksamkeit auf den Atem platzieren

Nachdem wir auf diese Weise den Körper zentriert haben, platzieren wir unsere Achtsamkeit auf den Atem. Wir fühlen wie wir ein- und ausatmen. Wir atmen ganz natürlich und wenden kein Pranayama oder eine andere Atemtechnik an. Unsere Achtsamkeit verbindet sich mit unserem Atem. Auch hier wollen wir eine Leichtigkeit bewahren statt zu angestrengt oder überkonzentriert zu sein. Unsere Achtsamkeit richtet sich entspannt auf das Ein- und Ausatmen.

Wann immer wir mit der Achtsamkeit abschweifen (unsere Gedanken wandern zu unserem/r Partner*in, zur bevorstehenden Arbeitswoche oder zu einem Stück Schokolade), kehren wir mit unserer Aufmerksamkeit zum Atem zurück, ohne jede Art von Urteil, Kommentar oder Wertung. Wir holen die Achtsamkeit zurück.

4. Gewahrsein

Unser Gewahrsein nimmt Geräusche wahr, es nimmt Gedanken wahr und es nimmt wahr, wann immer wir das Objekt – in diesem Falle den Atem – verloren haben. Da ist eine Form von Wissen und Intelligenz, der Geist sieht was vor sich geht. Aus diesem Gewahrsein kann Einsicht entstehen. Einsicht, in die Dinge, wie sie wirklich sind.

Wenn wir feststellen, dass wir denken, erkennen wir dies einfach an und kommen zurück. Wir bemerken, dass die Aufmerksamkeit gewandert ist und nehmen den Moment des Loslassens der Gedanken wahr. Wir entspannen uns in die Lücke und kommen sanft und freundlich zurück zum Atem.

Falls wir uns bei längerem Sitzen unbequem fühlen oder wenn ein Fuß eingeschlafen ist, kann es hilfreich sein, die Füße aufzustellen oder ein Bein auszustrecken und die Praxis so fortzusetzen. Wir können jederzeit wieder von vorne beginnen.

Empfehlungen für eine kontinuierliche Meditationspraxis

Diese vier Schritte sind eine allgemeine Einführung in die Technik der Shamatha- oder Achtsamkeitsmeditation. Die Schritte 1 und 2 sind vorbereitende Schritte für die eigentliche Meditation. Schritte 3 und 4 beschreiben den eigentlichen Prozess der Meditationspraxis. Es ist in Ordnung mit kurzen Sitzperioden anzufangen. Vielleicht sitzen wir jeden zweiten Tag für 10-15 Minuten. Von hier kann man seine tägliche Praxis zeitlich ausbauen für so lange es sich richtig anfühlt. Vielleicht nehmen wir ein „Gelübde“, in dem wir uns selbst versprechen jeden Tag so lang es uns möglich ist und so lang wir bereitwillig sind zu praktizieren. Wann immer wir dieses „Gelübde“ vergessen, kommen wir einfach mit Freundlichkeit und Humor wieder zu unserer Praxis zurück. Auf dem weiteren Weg kann es hilfreich sein, mit einem Lehrer oder einer Lehrerin zu arbeiten. Das Meditieren in der Gruppe kann ebenfalls nützlich sein und Kontext, Struktur und Unterstützung für die Praxis bieten.

CHÖGYAM TRUNGPA RINPOCHE

Chögyam Trungpa Rinpoche, Lehrer der Kagyü und Nyingma Linien des tibetischen Buddhismus, ist der Gründer des Shambhala Buddhismus.

Geboren in Tibet in 1939, wurde Trungpa Rinpoche in sehr jungen Jahren als Tülku, ein reinkarnierter Lehrer, erkannt und entsprechend erzogen und ausgebildet. 1959 musste er aus Tibet fliehen und begann vier Jahre später an der Oxford Universität in England zu studieren. Von da an bis zu seinem Tod in 1987, hat er ohne Unterlass daran gearbeitet, die lebendigen Lehren von Meditation in der westlichen Welt zu unterrichten. Dabei hat er einige große Meditations-Landzentren gegründet, hunderte von Stadtzentren sowie die Naropa Universität in Boulder, USA.
Er ist der Autor von vielen Büchern zu Buddhismus & Spiritualität, die heute insbesondere dafür bekannt sind, dass sie die essentiellen Weisheiten der buddhistischen Lehren in einer leicht zugänglichen und praktischen Weise für westliche Leser vermitteln.

SARAH POWERS

Sarah unterrichtet seit 1987. Sie ist die Gründerin von “Insight Yoga”. Insight Yoga verbindet Yoga, Buddhismus, Taoismus sowie transpersonale Psychologie. Ihre Herangehensweise verbindet Yang- sowie Yin Yoga, beeinflusst von Ashtanga Yoga, Vini-Yoga, Iyengar Yoga sowie Chi Gong. Die Meditation ist von der Vipassana sowie der Dzogchen-Traditionslinie inspiriert.

BÜCHERLISTE

Yoga

Yoga Body, Buddha Mind – Cyndi Lee. Ein Übungsbuch. Es verbindet Vinyasa-Yoga und tibetischen Buddhismus auf simple Art und Weise.

Insight Yoga – Sarah Powers. Die Synthese von Yoga, Meditation und traditionellem chinesischem Heilwissen.

The Complete Guide To Yin Yoga – Bernie Clark. Ein umfassendes Standardwerk über Yin Yoga.

Licht auf Yoga – B.K.S. Iyengar. Das umfassende Standardwerk.

Atem, der Weg zur ndividuellen Atempraxis – Ralph Skuban

Licht fürs Leben – B.K.S. Iyengar. Dieses Buch ist eine Inspirationsquelle.

Living your Yoga – Judith Lasater. Find the meaning of yoga behind the poses. Finding the spiritual in everyday life.

Die Weisheit des Yoga – Stephan Cope. Ein spannendes und zugängliches Buch über die Yoga Sutras!

Moving towards Balance – Rodney Yee. Full of clear instructions, building blocks and practical details.

Yoga als Weg in die Meditation – Anne Cushman. Körper- und Atemübungen werden mit der Achtsamkeitsmeditation zusammengeführt. Yoga und Buddhismus treffen sich und können dadurch unglaublich nützlich für uns sein.

Meditation/ Buddhismus

Meditieren, Freundschaft mit sich selbst schliessen – Pema Chödrön. Grundlegende Einführung in die Meditation.

Sitzen wie ein Buddha – Lodro Rinzler. Kleines, feines Buch für Anfänger der Meditation. Verständlich und alltagsnah.

The Wisdom of no Escape – Pema Chödrön.

Vollkommen Wach – Gaylon Ferguson. Ein grundlegendes Buch über die vier Grundlagen der Achtsamkeit.

Shambhala The Sacred Path of the Warrior – Chögyam Trungpa Rinpoche. Einführung in die Shambhala-Lehren.

Awake in the World – Michael Stone

Mit jedem Atemzug – Larry Rosenberg. Über Achtsamkeit und Einsicht durch die vier Grundlagen der Achtsamkeit.

Triffst du Buddha in der Bar, gib ihm einen aus – Lodro Rinzler. Cooles und tiefgründiges Buch über die vier Würden oder Tiere der Shambhala-Lehren.

Metta Meditation – Sharon Salzberg. Inspirierendes Buch über die Maitri oder Metta Meditation sowie auch über die Vier Grenzenlosen.

In dir selbst zu Hause sein – Ethan Nichtern. Einführung und Vertiefung in Buddhas Lehre für die heutige Zeit.

Radical Responsibility – Fleet Maull. Wie wir uns selbst besser kennen lernen können und wie wir jenseits von unseren Mustern uns als Mensch vollständig entwickeln können.

DER ILIOPSOAS UND FESTHALTEN UND LOSLASSEN

Asana des Monats November 2016

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Der grosse Lendenmuskel, auch Iliopsoas genannt, ist der tiefste Muskel im Körper. Er ist ein besonders wichtiger Muskel, weil er die obere und die untere Hälfte des Körpers zusammenhält. Der Iliopsoas entspringt an der unteren Brustwirbelsäule und verläuft an der Lendenwirbelsäule nach unten und überquert das Becken. Gemeinsam mit dem Darmbeinmuskel kleidet er die Innenseite der Beckenschaufeln aus und endet an einer Sehne des Oberschenkelknochens. Damit bildet der Psoas eine einzigartige Verbindung zwischen dem Oberkörper und den Beinen und hilft, die Stabilität beim aufrechten Stehen zu bewahren. Darüber hinaus ist der Psoas mit dem Zwerchfell verbunden. Diese Verbindung gibt jegliche Verspannungen oder Fehlfunktionen des Psoas an den Rumpf weiter und kann zu Verspannungen im Rücken und Schulterbereich führen.

Reginald A. Ray, ein Lehrer in der Praxis tibetischer Meditation Chögyam Trungpas, sagt, dass der Lendenmuskel letztendlich die Quelle des Egos sei. Er führt weiter an, dass es in der Arbeit mit dem Lendenmuskel zur Konfrontation mit den Themen Festhalten und Fixierung kommen kann. Die Lendenmuskeln gelten auch als die Kampf-Flucht-Muskeln des menschlichen Körpers. Wenn wir viel Spannung oder Stress in unserem Alltag haben, steht unser Psoas-Muskel unter zu viel Anspannung. In diesem Monat werden wir unseren Psoas-Muskel festhalten und loslassen, in dem wir ihn stärken, dehnen und entspannen.

Viel Glück!